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Otto Reimers:

"Wenn zwei - - - dasselbe tun"

aus: "Die freie Gesellschaft", 1. Jg. (1950), Nr. 8

Wer für die Menschenwürde eintritt, wird von den jeweils gerade herrschenden Schichten immer als Feind, am liebsten als Staatsfeind, angesehen. Diese Feststellung ist eine Binsenweisheit. Die "Wochenzeitung der VVN, für Einheit, Frieden und Demokratie", "Die Tat" vom 25.3. 50, schreibt unter der Überschrift: "1948 Denunziation - vaterländische Pflicht" unter anderem: "...Wurde im Jahre 1948 von einem westdeutschen Gericht die Denunziation noch als vaterländische Pflicht attestiert, so ist...". Ja, so geschah es 1948 im Westen und bestimmt auch noch heute. Daß diese Justizpraktiken im Westen immer wieder bei Sozialisten und Demokraten Empörung auslösten und auslösen, ist hundertfach bewiesen. Ebenso ist bewiesen, dass gegen diese Praxis von Sozialisten und Demokraten sturmgelaufen wird. Aber auch sturmgelaufen werden kann, weil es eine Freiheit der Meinungsbildung gibt, eine Freiheit des Protestes, notfalls eine Freiheit der Aktion, wenn die beleidigte und geschändete Menschenwürde sich anders nicht mehr Gehör verschaffen kann. Wir kennen auch den Grund dieser Justizpraxis. Mindest 70 Prozent aller mit der Rechtsprechung befassten sind ehemalige PG' s. Das wissen auch unsere VVN- Kameraden. Was sie aber nicht wissen wollen und wovor sie die Augen verschließen, sind Vorgänge, die sich in der "echten, wahren Volksdemokratie", um mit den Worten "Der Tat" zu reden, abspielen. Wir haben nicht vergessen, dass "Die Tat" immer behauptet hat, es gäbe in der Ostzone keine Kz' s. Erst als Moskau die Existenz der Kz' s zugab, in denen sich Zehntausende von Frauen und Männern befinden, ersannen die Moskau- Anbeter die fadenscheinige Erklärung, diese Insassen seien Kriminelle, Spione und Agenten, Staatsfeinde usw. Aber wurdet ihr VVN- Kameraden nicht auch einst in die Hitler- KZ' s als Staatsfeinde eingewiesen ?

Wir Sozialisten wissen, dass sich in den Ostzonen- Kz' s heute Sozialisten befinden, die auch unter Hitler im KZ schmachteten und Ihr schweigt dazu.

Ihr erregt Euch darüber, dass die westdeutsche Justiz eine Denunziation als "vaterländische Pflicht" glorifizierte, Ihr prangert aber nicht an, dass die Denunziationsmethoden aus der Hitlerzeit in der Ostzone heute von Staatswegen gefördert und von der herrschenden Staatspartei gefordert werden. Ebenso bekannt ist, dass das ostzonale Staatssicherheits- Ministerium Sicherheitskommissionen bildet, deren Aufgabe es sein soll Agenten, Saboteure und andere Feinde der Ostdeutschen Republik festzustellen
und dem Sicherheitsdienst zur Anzeige zu bringen. In der Hitlerzeit hieß es auch nur: Meckerer, Defaitisten, Volksschädlinge, Spione und Staatsfeinde. Diesem Sicherheitsdienst gehören, für Euch vielleicht selbstverständlich, Vertreter der SED, FDJ, FDGB und Volkspolizei an. Die Bevölkerung soll dahin aufgeklärt werden, dass sie jeden "Verbrecher" anzeigt - und - öffentlich Belobigung wird zugesichert. War es denn einstmalen anders ?

Wer und was sind denn nun aber Verbrecher in der Ostzone ? Die führenden Nazis und Landsknechtsgeneräle, die Wehrmachtwürdenträger, die die Hitler-Armee bis Stalingrad führten, russischen Boden verwüsteten, russische Menschen mordeten und vernichteten ? Oh, diese Generäle haben ja heute in der Ostzone hohe Stellungen inne, sogar beim Sicherheitsdienst (SSD) -stimmt Euch nicht schon der Gleichklang der Worte und Kürzungen skeptisch ? - und der Volkspolizei. "Verbrecher" in der Ostzone ist, wer daran zweifelt, daß das Gebahren dieser früheren Nationalsozialisten, welche in den Ämtern der ostzonalen "Deutschen Demokratischen Republik" sitzen, und in Nationale Front machen, sozialistisch sei. Deshalb auch hat man bei den Entlassungen aus den KZ' s in der Ostzone keine Sozialisten entlassen. Ein Verbrechen ist es, Meinungs-, Diskussions- und Denkfreiheit zu fordern, gegen Übergriffe zu protestieren; eine Diktatur eine Diktatur zu nennen, gegen Ausbeutung sich aufzulehnen, gegen die Abschaffung jeden Rechts zu protestieren; gegen Nationalismus und "Patriotismus" immun zu sein. Dem Haus- oder Straßenobmann (Blockwart oder Zellenleiter hießen die im NS- Sprachgebrauch) das Recht zu verweigern, seine Tropfnase in fremder Leute Töpfe zu stecken. Viele Sozialisten haben gegen solchen "Fortschritt" frondiert. Das KZ stand ihnen dafür offen. Darüber aber empfindet "Die Tat" der VVN keine Skrupel. Vielleicht beruhigt sie ihr Gewissen damit, dass "die Revolution auch ihre eigenen Kinder frisst".

Literatur:

Hans Jürgen Degen: "Wir wollen keine Sklaven sein...". Der Aufstand des 17. Juni 1953 (anarchistische Texte 34)

Benno Sarel: Arbeiter gegen den ,Kommunismus'. Zur Geschichte des proletarischen Widerstandes in der DDR (1945-1958), Schriften zum Klassenkampf, Bd. 43.

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