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Johann Most
 Die Eigentumsbestie
 
 New York, 1887
 
 Der Mensch ist unter den Raubtieren das schlimmste. Das ist ein Ausspruch, den 
heutzutage viele tun, der aber nur bedingungsweise richtig ist. Nicht der Mensch 
als solcher ist ein Raubtier, sondern nur der Mensch in Verbindung mit Reichtum. 
Je reicher der Mensch ist desto stärker ist seine Gier nach weiterem Vermögen. 
Solch ein Untier, welches man Eigentumsbestie nennen kann, und das gegenwärtig 
die Welt beherrscht, die Menschheit unglücklich macht und mit dem Fortschreiten 
der sogenannten "Zivilisation" an Grausamkeit und Schlagkraft gewinnt, soll im 
Nachstehenden gekennzeichnet und der Ausrottung empfohlen werden. Blickt Euch 
um! In jedem sogenannten "Kultur"-Lande gibt es unter je hundert Menschen etwa 
95 mehr oder minder vollendete Habenichtse und ungefähr fünf Geldprotzen.
 
 Es ist nicht nötig, alle Schleichwege aufzusuchen, auf denen die Letzteren ihr 
Vermögen erworben haben. Der Umstand, daß sie Alles besitzen, während die 
Übrigen lediglich existieren, resp. vegetieren, läßt allein schon keinen Zweifel 
darüber aufkommen, daß die Wenigen auf Kosten der Vielen reich geworden sind.
 
 Bald durch das direkte brutale Faustrecht, bald durch List, bald durch Betrug 
hat sich diese Rotte des Grund und Bodens und aller darauf befindlichen Güter 
bemächtigt. Vererbung und vielfacher Händewechsel haben diesem Raub einen 
"altehrwürdigen" Anstrich verliehen und dessen wahres Wesen verwischt; deshalb 
wird die Eigentumsbestie noch immer nicht als solche erkannt; sondern sogar mit 
heiliger Scheu respektiert.
 
 Und doch sind Alle, welche nicht zu dieser Art gehören, deren Opfer. Jeder 
Sprößling eines Nichteigentümers (Armen) findet bei seinem Eintritt in die Welt 
jedes Fleckchen Erde besetzt. Es gibt keine Güter, die nicht einen "Herren" 
hätten. Ohne Arbeit entsteht aber nichts und um heutzutage arbeiten zu können, 
sind nicht nur Fähigkeit und Wille erforderlich, sondern auch Werkzeuge, 
Rohstoffe und Lebensmittel. Der Arme wendet sich daher notgedrungen an Jene, die 
alle diese Dinge in Hülle und Fülle besitzen. Und siehe da, es wird ihm seitens 
der Reichen die Erlaubnis erteilt, weiter zu existieren. Dafür hat er sich aber 
sozusagen seiner Kraft und Geschicklichkeit zu entäußern. Diese verwenden fortan 
seine vermeintlichen Lebensretter für sich. Denn Letztere spannen ihn einfach 
ins Joch der Arbeit; sie zwingen ihn, bis zur äußersten Grenze körperlicher und 
geistiger Anstrengung neue Schätze zu erzeugen, nach denen er aber nicht seine 
Hände auszustrecken berechtigt ist. Würde er sich lange besinnen wollen, solch' 
einen ungleichen Handel abzuschließen, so belehrte ihn doch bald sein knurrender 
Magen, daß der Arme hierzu keine Zeit hat.
 
 Und da viele Millionen ganz in der nämlichen Lage sich befinden, wie er, so 
setzt er sich obendrein der Gefahr aus, daß sich, während er sich besinnt, 
hundert Andere um seine Stelle bewerben, so daß er neuerdings in der Luft hängt. 
Furchtbar schwingt seine Peitsche der Hunger über dem Kopfe des Armen. Um zu 
leben, muß er sein eigenes Ich täglich und stündlich freiwillig verkaufen. Es 
waren entsetzliche Zeiten, als die herrschenden Klassen auf die Sklavenjagd 
gezogen waren und Jene, die in ihre Hände fielen, in Ketten schlugen und mit 
Gewalt zur Arbeit zwangen. Ungeheuerlich sah es aus in der Welt, als die 
christlich-germanischen Räuber ganze Länder stahlen, den Boden den Völkern unter 
ihren Füßen hinweg zogen und sie zum Frontdienst preßten. Den Gipfel der Schmach 
aber hat erst die heutige "Ordnung" erzeugt: denn sie hat mehr als neun Zehntel 
der Menschheit um ihre Existenzbedingungen betrogen, in Abhängigkeit einer 
winzigen Minderheit versetzt und zur Selbsthingabe verdammt, gleichzeitig jedoch 
dieses Verhältnis dermaßen durch allerlei Formeln verhüllt, daß die Hörigen der 
Neuzeit - die Lohnsklaven ihre Rechtlosigkeit und Knechtschaft nur zum Teil 
erkennen und geneigt sind, sie dem Glücks-, resp. Unglücksfalle zuzuschreiben.
 
 Diesen gräßlichen Zustand zu verewigen, das ist das einzige Streben der 
"vornehmen" Welt. Unter sich sind zwar die Reichen nicht immer einig; im 
Gegenteil sucht Einer den Anderen durch Handelskniffe, Spekulantenlist und 
Konkurrenzmaximen zu übervorteilen; allein dem Proletariate gegenüber stehen sie 
als eine geschlossene feindliche Masse da. Ihr politisches Ideal ist daher - 
aller freisinnigen Redensarten ungeachtet - ein möglichst starker und ruppiger 
Bütttelstaat.
 
 Bettelt der Arme, der momentan außer Stande ist, sich an einen Ausbeuter zu 
verkaufen, oder den die Eigentumsbestie bereits zur Arbeitsunfähigkeit 
ausgeschunden hat, so sagt der satte Bourgeois, das sei Vagabundage, und er ruft 
nach Polizei; er verlangt Stockprügel und Zuchthäuser für den armen Teufel, der 
nicht zwischen Bergen von Lebensmitteln verhungern will.
 
 Greift der Arbeitslose gar zur sonst so viel gepriesenen Selbsthilfe, tut er im 
Kleinen, was die Reichen täglich ungestraft im Großen tun, d.h. stiehlt er etwa, 
um existieren zu können, so sammelt die Bourgeoisie glühende Kohlen "sittlicher" 
Entrüstung über seinem Haupte und überantwortet ihn mit strenger Miene dem 
Staatszwinger, um ihn dort desto entschiedener (wohlfeiler) auszubeuten.
 
 Verbinden sich die Arbeitsleute, um gemeinsam höhere Löhne, kürzere Arbeitstage 
u. dgl. zu ertrotzen - sogleich zetert das Protzendem, das sei Konspiration und 
müsse hintertrieben werden. Organisieren sich die Proletarier politisch, so ist 
das ein Verstoß gegen "göttliche Weltordnung", der durch Ausnahmegesetzgebung zu 
Nichte gemacht werden muß. Denkt schließlich das Volk ans Rebellieren, so 
erschallt in der ganzen Welt ein Wutgeheul der Goldtiger ohne Ende. Sie lechzen 
nach Massakers und ihr Blutdurst ist unstillbar.
 
 Das Leben des Armen gilt dem Reichen ohnehin für Nichts. Als Schiffseigner setzt 
ganze Bemannungen aufs Spiel, wenn es darauf ankommt, hohe Versicherungsprämien 
für halbverfaulte Fahrzeuge zu ergattern. Schlechte Ventilation, zu tiefer Bau, 
mangelhafte Stützung usw. bringen jährlich vielen Tausenden von Bergleuten den 
Tod, erhöhen aber den Gewinn, daher es für die Grubenbesitzer dabei sein 
Bewenden hat. Nicht mehr kümmert sich Fabrikpascha darum, wie viele "seiner" 
Arbeiter von Maschinen zerrissen, durch Chemikalien vergiftet oder in Dunst und 
Schmutz langsam erstickt werden. Der Profit ist die Hauptsache.
 
 Weiber sind billiger als Männer, daher saugt jeder kapitalistische Vampir mit 
ganz besonderer Vorliebe Weiberblut. Obendrein liefert ihm die Frauenarbeit 
wohlfeile Maitressen. Kinderfleisch ist das billigste; was Wunder, daß die 
Kannibalen der modernen Gesellschaft ständig ihre Zähne fletschen nach 
jugendlichen Opfern. Was haben sie darnach zu fragen, daß die armen Kleinen auf 
solche Weise verwahrlost und verkrüppelt werden! Während Tausende davon im 
zarten Alter, ausgemergelt und elend in die Grube sinken, steigen die Aktien. 
Das genügt!
 
 Da die Bourgeoisie vermöge ihres Kapitals alle neuen Erfindungen nur für sich 
allein in Anspruch nimmt, hat jede neue Maschine, statt Arbeitszeitverkürzung 
und Erhöhung des Lebensglücks für Alle, nur Entlassung aus dem Geschäft für die 
Einen, Lohnherabsetzung für anderen, stärkere Verlebendigung für das ganze 
Proletariat zur Folge. Wenn aber die Vermehrung der Produkte begleitet ist von 
einer zunehmenden Verarmung der Volksmassen, so muß die Konsumtion gleichzeitig 
abnehmen; es müssen Stockungen und Krisen eintreten. Eine Fülle von vorhandenen 
Schätzen in den Händen Weniger muß Hungertyphus unter der Masse erzeugen. Das 
Verkehrte, ja Wahnsinnige eines solchen Zustandes liegt auf der Hand. Die 
Protzen aber zucken mit den Achseln darüber. Das werden sie so lange treiben, 
bis über ihren Achseln ein wohlgeschlungener Strick alle Zuckungen endet.
 
 Aber nicht bloß als Produzent wird der Arbeiter in der mannigfaltigsten Weise 
geschröpft, sondern auch als Konsument. Sein kärgliches Einkommen suchen ihm 
zahlreiche Schmarotzer schleunigst wieder abzujagen.
 
 Wenn die Waren bereits durch allerlei Börsen und Grossistenlager gewandert sind 
und durch verschiedenartige Makler- und Jobberprofite, durch Zölle und Taxen 
Preisaufschläge erfahren haben, kommen sie endlich zum Krämer, dessen Kunden 
fast ausschließlich Proletarier sind. Großkapitalisten "machen" d. h. ergattern 
vielleicht 10 - 20 Prozent Gewinn bei ihren Umsätzen; der Krämer will mindesten 
100 Prozent haben. Er bedient sich zur Erzielung dieses Resultats 
verschiedenartiger Kniffe; insbesondere treibt er die schamloseste 
Warenverfälschung. Verwandt mit diesen Betrügern sind die zahllosen 
Bierpantscher, Schnapsverderber und sonstigen Giftmischer, welche in alle großen 
Städten und industriellen Distrikten jede Gasse unsicher machen. Ferner sinnen 
die Hauspaschas ohne Unterlaß darüber nach, wie sie das Leben der Proletarier 
verbittern könnten. Die Wohnungen werden immer schlechter, die Mieten höher, die 
Kontrakte niederträchtiger. Mehr und mehr werden die Arbeiter zusammen gepfercht 
in Hintergebäuden, in Dachkammer und Kellerlöchern, die voll von Wanzen, feucht 
und modrig sind. Gefängniszellen sind häufig von zehnfach gesünderer 
Beschaffenheit.
 
 Ist der Arbeiter beschäftigungslos, so lauert wiederum eine ganze Bande von 
Hungerspekulanten darauf, ihn vollends zu ruinieren. Pfandleiher und ähnliche 
Schufte borgen auf die letzten Habseligkeiten der Armen kleine Beträge zu hohen 
Zinsen. Deren Verträge sind gewöhnlich derart abgefaßt, daß sie nicht leicht 
eingehalten werden können; das verpfändete Gut verfällt und der Proletarier 
sinkt abermals um eine Stufe tiefer. Jene Halsabschneider aber sammeln sich in 
kurzer Zeit große Vermögen an. Sogar den Bettler betrachten viele Parasiten als 
eine rentable Figur. Jede Kupfermünze, die er sich mühselig verschaffte, erregt 
das Verlangen von Inhabern schmutziger Herbergen und Spelunken. Ja, selbst Diebe 
entgehen der kapitalistischen Ausbeutung nicht. Sie sind die Sklaven von 
raffinierten Hehlern und Unterschlupfgebern, welche ihnen gestohlene Wertsachen 
für eine Bagatelle abnehmen. Und jene armen Mädchen, welche die heutige 
Schandwirtschaft in die Arme der Prostitution getrieben, werden durch 
Bordellwirte und ähnliche Schmachgestalten ganz scheußlich geplündert.
 
 So geht es dem Armen von der Wiege bis zum Grabe. Ob er produziert, ob er 
konsumiert; ob er existiert oder vegetiert; er ist stets umlagert von einer 
Schar von heißhungrigen Vampiren, die nach jedem Tropfen seines Blutes lechzen. 
Auf der anderen Seite stellt der Reiche nie sein Ausbeutungshandwerk ein, wenn 
er auch noch so wenig in der Lage ist, einen Grund für seine Habgier anzugeben. 
Wer eine Million hat, will 10 Millionen haben; wer deren 100 besitzt, geizt nach 
einer Milliarde usw. Zur Habgier gesellt sich Herrschsucht.
 
 Das Besitztum ist eben nicht nur ein Mittel zu immer weiterer Bereicherung, 
sondern auch eine politische Macht. Unter dem jetzigen Kapital-System ist die 
Käuflichkeit fast ein allgemeines Laster. Es handelt sich gewöhnlich nur darum, 
den richtigen Preis anzusetzen, um Diejenigen zu kaufen, welche geeignet sein 
können, durch Sprechen oder Schweigen, durch Schrift oder Druck, durch 
Gewaltakte oder durch was immer der Eigentumsbestie zu dienen. Sie ist vermöge 
ihrer goldenen Diktate die wahre allmächtige Gottheit.
 
 Da werden in Europa und Amerika mehr als 500.000 Pfaffen unterhalten, um, wie in 
der "Gottespest" (No. 3 der 1. B.) nachgelesen werden kann, die Volksmassen 
ihres gesunden Menschenverstandes zu berauben. Daneben strolchen zahlreiche 
"Missionare" von Haus zu Haus, um alberne Traktätchen zu verteilen oder 
sonstigen "geistigen" Unfug zu treiben. In den Schulen wird Alles aufgeboten, um 
das wenige Gute, welches die Lese-, Schreib- und Rechen Dressur allenfalls mit 
sich bringen könnte, möglichst hinfällig zu machen. Eine blödsinnige 
Malträtierung der "Geschichte" erzeugt jenen aufgeblasenen Dünkel, der die 
Völker verunreinigt und sie nicht erkennen läßt, daß ihre Unterdrücker gegen sie 
längst sich geeinigt haben, und daß Im Grunde genommen die ganze bisherige 
Politik nur den Zweck hatte, die Macht der Herrschenden zu befestigen und die 
Ausbeutung der Armen durch die Reichen zu sichern.
 
 Den Hausierhandel mit dem Loyalitäts- und "Ordnungs"-Fusel besorgen des Weiteren 
insbesondere die Schmierfinken der Tagespresse, zahlreiche literarische 
Geschichtsfälscher, die politischen Klopffechter eines tausendfältig verzweigten 
Vereins- und Versammlungslebens, Parlaments-Quatschmichel mit dem ewig 
süßlächelnden Gesuchte, den stetigen Versprechungen auf den Lippen und dem 
Verrat im Herzen, und hunderterlei andere Politiker von mehr oder weniger 
Lumpazi-Vagabundus Qualität.
 
 Speziell zur Verdunkelung der sozialen Frage sind ebenfalls ganze Schwadronen 
von Strauchrittern tätig. Die Professoren der Nationalökonomie spielen z. B. so 
recht die Leibkosaken der Bourgeoisie, indem sie das goldene Kalb als die wahre 
Sonne des Lebenspreisen und die Gerbereien von Arbeiterfellen "wissenschaftlich" 
in allgemeine Wohltätigkeit an der Menschheit umlügen. Ein Teil dieser 
Schulpfaffen empfiehlt gleichwohl soziale Reformen, d. h. natürlich mit anderen 
Worten Prozeduren, bei denen der Pelz gewaschen aber nicht naß gemacht werden 
soll. Außerdem foppen sie noch die Arbeiter durch Empfehlung von Spar- und 
Bildungsrezepten.
 
 Während die kapitalistischen Raubholde solchermaßen das Volk nasführen lassen, 
erweitern sie auf der anderen Seite ihren eigentlichen Gewaltmechanismus immer 
entschiedener. Es werden immer mehr Ämter errichtet. An die Spitze derselben 
stellen sich in Europa die Nachkömmlinge der ehemaligen Straßenräuber (die 
"Edelleute"), in Amerika die geschicktesten Stellenjäger und gerissensten 
Gauner, welche mit ihrem eigentlichen Zweck, der autoritätsmäßigen Knebelung des 
Proletariats, auch noch die angenehme Beschäftigung von Kassendieben und 
Fälschern höheren Grades verbinden. Sie dirigieren ganze Armeen von Soldaten, 
Gendarmen, Polizisten, Spionen, Gefängniswärtern, Zollwächtern, 
Steuereinnehmern, Exekutoren usw. Die letzteren Gattungen des Bütteltums sind 
fast durchgängig dem nichtsbesitzenden Volke entnommen, auch werden sie selten 
besser als proletarisch entlohnt. Dennoch spielen dieselben mit großem Eifer die 
Spähaugen, Schnüffelnasen und Lauschohren, die Klauen, die Zähne und die 
Saugrüssel des Staates, welch' letzterer solchermaßen augenscheinlich nichts 
weiter ist, als die politische Organisation einer Rotte von Betrügern und 
Ausbeutern, die ohne eine solche Macht- und Tyrannisierungs-Maschinerie nicht 
einen einzigen Tag vor dem gerechten Zorn und Unwillen des geschundenen und 
geplünderten Volkes sich zu halten vermöchten.
 
 In den meisten älteren Ländern ist dieses System natürlich auch in der äußeren 
Form am schärfsten zugespitzt worden. Es konzentriert sich der ganze staatliche 
Zuchtapparat in einer monarchischen Spitze. Die Repräsentanten der selben, die 
Gottesgnädlinge, sind denn auch der Ausbund aller Schurkerei. In ihnen sind 
sämtliche Laster und Verbrechen der herrschenden Klasse bis zum 
Ungeheuerlichsten verkörpert. Ihre Lieblingsbeschäftigung ist der Massenmord 
(Krieg); wenn sie stehlen, (und sie stehlen oft) nehmen sie immer gleich ganze 
Länder und Hunderte, ja Tausende von Millionen. Die Brandstiftung in großartigem 
Maße dient ihnen nur zur Beleuchtung ihrer Greuel. In ihren Schädeln hat sich 
die Marotte festgesetzt, daß die Menschheit lediglich dazu da sei, um von ihnen 
geknufft und angespieen zu werden. Höchstens erachten sie es der Mühe wert, die 
schönsten Weiber und Mädchen "ihrer" Länder zur Befriedigung ihrer viehischen 
Lüste auszuwählen. Die Übrigen haben das Recht, "alleruntertänigst zu 
verrecken".
 
 An direkter Brandschatzung nehmen diese gekrönten Raubmörder in Europa jährlich 
200 Millionen Mark ein. Der Militarismus, ihr Kind, kostet, ganz abgesehen von 
den aus ihm entspringenden Verlusten an Gut und Blut, per Jahr weitere 4000 
Millionen Mark, und eine gleiche Summe zählt man an Zinsen für die 80.000 
Millionen Staatsschulden, welche die Halunken in verhältnismäßig kurzer Zeit 
gemacht haben. Somit kostet der Monarehismus in Europa jährlich 8200 Millionen 
Mark, d. h. mehr als 10 Millionen Arbeiter, respektive die Ernährer von 50 
Millionen Menschen an Lohn einnehmen!
 
 In Amerika nehmen die Stelle der Monarchen die Monopolisten ein. Und wenn sich 
in der angeblich "freien" Republik der Vereinigten Staaten von Nordamerika der 
Monopolismus nur noch kurze Zeit so weiter entwickelt, wie in den letzten 25 
Jahren, so werden gar bald nur noch Luft und Licht von der Monopolisierung 
verschont geblieben sein. 500 Millionen Acker Landes, ungefähr das Sechsfache 
der Bodenfläche von Großbritannien und Irland, sind im Laufe eines 
Menschenalters in den Vereinigten Staaten zur Hälfte den 
Eisenbahngesellschaften, zur anderen Hälfte Großgrundbesitzern 
(europäisch-aristokratischer Abstammung) zugefallen. - - - In wenigen 
Jahrzehnten hat Vanderbilt allein 200 Millionen Dollars sich ergattert. Ein paar 
Dutzend seiner Raubkollegen stehen im Begriffe, ihn einzuholen. San Francisco 
ist vor 30 Jahren erst gegründet worden und heute gibt es daselbst schon 85 
Millionäre! Alle bis jetzt entdeckten Lager von Kohlen und Metallen, alle 
Ölquellen, kurz alle Bodenreichtümer des ungeheuren herrlichen Landes gehören 
schon jetzt (nach kaum 100jähriger Etablierung der "Republik") nicht mehr dem 
Volke, sondern einer Handvoll von verwegenen Abenteurern und raffinierten 
Gaunern.
 
 Vor dem Einflüsse dieser Börsenkönige, Eisenbahnmagnaten, Kohlenbarone und 
Schlotjunker sinkt die "Souveränität des Volkes" buchstäblich in den Straßenkot. 
Diese Kerle haben die ganzen Vereinigten Staaten in den Taschen, und was sich da 
an scheinbar freier Gesetz- und Stimmgeberei breit macht, ist eitel 
Mummenschanz.
 
 Wenn so etwas am grünen Holze geschieht, was soll da erst am morschen Gebälk 
werden? Wenn die junge amerikanische "Republik" mit ihren unerschöpflichen 
Naturreichtümern in so kurzer Zeit derart kapitalistisch verludert werden 
konnte, was braucht man sich da noch über die Folgen länger wirkender Ursachen 
gleicher Art in dem altersschwachen verrotteten Europa zu wundern?! Wahrlich, es 
scheint, als ob die amerikanische "Republik" vorläufig nur den einen 
kulturhistorischen Zweck gehabt hätte, dem Volke diesseits wie jenseits des 
atlantischen Ozeans durch krasse Tatsachen zu zeigen, welch ein Ungeheuer die 
Eigentumsbestie ist, und daß weder Bodenbeschaffenheit noch Ausdehnung des 
Landes, noch politische Gesellschaftsformen die Bösartigkeit dieses Raubtieres 
zu alterieren vermögen, ja daß dasselbe um so gefährlicher sich zeigt, je 
weniger Notwendigkeit für die individuelle Habgier von Natur aus gegeben ist. 
Möge die arbeitende Menschheit daraus die Nutzanwendung schöpfen, daß dieses 
Ungeheuer nicht gezähmt oder ungefährlich oder gar gemeinnützig gemacht werden 
kann, sondern daß ihm gegenüber nur ein Heilmittel existiert: der unerbittliche. 
unbarmherzige und vollständigste Vernichtungskrieg!
 
 Auf gütlichem Wege ist da nichts zu Erhoffen; höchstens hat das Proletariat 
Spott und Hohn zu gewärtigen, wenn es so kindisch ist, seinen Tod ein den mit 
Petitionen, Abstimmungen u. dgl. Harmlosigkeiten Respekt einflößen zu wollen. 
Allgemeine Volksaufklärung, sagen manche, werde Wandel schaffen; allein dieser 
Rat bleibt wesentlich auch nur eine Phrase; denn die Volksaufklärung wird erst 
dann allgemein möglich sein, wenn die Hindernisse, die sich derselben 
gegenwärtig in den Weg stellen, beseitigt sind. Und das ist nicht eher der Fall, 
als bis das ganze heutige System von Grund aus zerstört ist.
 
 Damit soll natürlich nicht gesagt sein, daß in dieser Richtung gar nichts 
geschehen solle oder könne. Nein! Wer immer die Niederträchtigkeit der jetzigen 
Zustände erkannte, hat die heiligste Pflicht, überall seine Stimme zu erheben, 
um dem Volke über diese Dinge die Augen zu öffnen. Man muß sich aber hüten, 
diesen Zweck durch hochgelehrte Betrachtungen erreichen zu wollen. Möge das den 
ehrlicheren Männern der Wissenschaft überlassen bleiben, die auf solche Weise 
der sogenannten "gebildeten Welt" die Schminke der Humanität von der häßlichen 
Raubtierfratze kratzen. Die Sprache, welche das Proletariat verstehen soll, muß 
einfach und kräftig sein.
 
 Wer diese führt, wird stets von der herrschenden Sippschaft der Aufreizung 
geziehen, grimmig gehaßt und verfolgt werden. Daraus können wir ersehen, daß die 
einzig mögliche und praktische Aufklärung aufreizender Natur sein muß. - Reizen 
wir also auf!
 
 Zeigen wir dem Volke, wie es durch Land- und Stadtkapitalisten um seine 
Arbeitskraft betrogen wird; wie es Krämer, Haus- und andere Wirte um den kargen 
Lohn prellen; daß ihm Kanzel-, Press-, Partei- und andere Pfaffen den Verstand 
zu töten suchen; wie zahllose Büttel ewig bereit sind, es zu malträtieren und zu 
tyrannisieren - endlich muß ihm die Geduld ausgehen. Es wird rebellieren und 
seine Feinde zermalmen.
 
 Die Revolution des Proletariats, der Krieg der Armen gegen die Reichen, ist der 
einzige Weg, der zur Erlösung führen kann.
 
 Aber, wenden Andere ein, Revolutionen lassen sich doch nicht machen. Gewiß 
nicht, aber vorbereiten kann man dieselben, indem man das Volk darauf aufmerksam 
macht, daß solche Ereignisse vor der Türe stehen, und indem man es 
herausfordert, sich zu rüsten.
 
 Die kapitalistische Entwicklung, von welcher viele Theoretiker behaupten, daß 
sie bis zur völligen Austilgung aller kleinbürgerlichen Existenzen gediehen sein 
müsse, ehe die Vorbedingungen zu einer sozialen Revolution gegeben seien, hat 
bereits einen solchen Höhepunkt erreicht, daß ihr weiterer Fortgang nahezu 
unmöglich geworden ist. Allgemein großindustriell kann nur dann produziert 
werden, und allgemeiner Großbetrieb auf dem Lande kann nur dann stattfinden, 
wenn die Gesellschaft kommunistisch organisiert ist und wenn - was sich im 
Letzteren Fall ganz von selbst versteht- mit der Entwicklung der Technik der 
Verkürzung der Arbeitszeit und die Erhöhung des Verbrauchs gleichen Schritt 
halten.
 
 Das ist auch leicht einzusehen. Da beim Großbetrieb 10 Mal, in manchen Fächern 
sogar 100 Mal mehr produziert wird, als die betreffenden Arbeiter an 
gleichwertigen Waren verbrauchen, so bekommt die Trommel alsbald ein Loch. 
Bisher ist die überschüssige Differenz deshalb weniger vermerkt worden, weil der 
weitaus größte Teil des sogenannten "Gewinnes abermals kapitalisiert, d. h. zu 
neuen kapitalistischen Anlagen verwendet worden ist, und weil die weitest 
entwickelten Industriestaaten nach weniger fortgeschrittenen Ländern Ungeheure 
Warenmassen exportierten. Jetzt fängt die Sache aber an, in dieser Beziehung 
gewaltig ins Stocken zu geraten. Der Industrialismus hat überall ungeheure 
Fortschritte gemacht; damit kommen Ausfuhr und Einfuhr mehr und mehr ins 
Gleichgewicht und schon deshalb lohnen sich neue Kapitalanlagen immer weniger, 
ja sie werden unter solchen Umständen bald ganz und gar untauglich erscheinen. 
Ungeheure Weltkrisen werden dieses Mißverhältnis gar bald zum allgemeinen 
Verständnis bringen.
 
 Somit ist Alles für den Kommunismus reif; es brauchen nur dessen interessierten 
Gegner, die Kapitalisten und ihre Helfershelfer, beseitigt werden. In der Zeit 
der, wie gesagt, bevorstehenden Krisen wird das Volk auch genügend zum Kampfe 
bereit gemacht werden. Und es handelt sich dann nur darum, ob überall ein 
gehörig geschulter revolutionärer Kern vorhanden ist, der das Zeug dazu hat, die 
durch Arbeitslosigkeit und Elend aller Art zum Aufruhr getriebenen Volksmassen 
um sich zu kristallisieren und die so geformte gewaltige Kraft behufs 
Zertrümmerung des Bestehenden in das Spiel zu bringen.
 
 Arbeiten wir also überall auf die Revolution hin, ehe es zu spät ist!
 
 Der Sieg des Volkes über seine Blutsauger und Tyrannen wird dann nicht 
ausbleiben können.
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