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Louise Michel
 Warum ich Anarchistin wurde
 
 Anarchistin wurde ich während der Deportationsfahrt nach Neukaledonien. Im Laufe 
der vier Monate sahen wir nichts als Himmel und Wasser, nur manchmal erschien am 
Horizont das weiße Segel eines Schiffes. Unser Schiff, vom leichten Rhythmus der 
Wellen gewiegt, so, als ob zwei riesige Arme es greifen, ächzte, wenn es in die 
tiefen Wellentäler sackte; und der Wind tönte in den Segeln. – Ich hatte Zeit, 
viel Zeit zum Nachdenken. – Die Kommune. Ich sah unsere Genossen am Werk, und 
nach und nach kam ich zu der Überzeugung, dass selbst die Redlichsten, könnten 
sie die Macht ausüben, den Schurken ähnlich würden, die sie einst bekämpften. 
Ich sah die Unmöglichkeit, dass sich die Freiheit mit einer wie auch immer 
gearteten Macht vereinbaren lässt. Ich fühlte, wenn die Revolution irgendeine 
Regierungsform annimmt, ist es um sie geschehen; und wenn Institutionen der 
Vergangenheit, die schon zu verschwinden schienen, doch bestehen bleiben – dann 
tragen sie nur ein anderes Etikett.
 
 Für jeden Menschen, der zur Macht gelangt, ist der Staat letztlich 
Widerspiegelung seiner selbst, er betrachtet ihn wie der Hund den Knochen, den 
er zernagt, und nur zu seinem eigenen Vorteil verteidigt er ihn. So wie die 
Macht hart, egoistisch und grausam macht, so erniedrigt Sklaverei, und nur die 
Anarchie kann es vollbringen, dass der Mensch frei und glücklich lebt. Wissen 
wir denn, ob das, was uns heute utopisch erscheint, in der nächsten, 
übernächsten Epoche nicht schon Realität sein kann ? Damit das entrechtete Volk 
nicht länger mit seinem eigenen Blut die trügerischen Schimären – Parteien und 
Staaten – am Leben erhält, müssen wir für die Verwirklichung der Anarchie 
kämpfen, und weil ich Zwang und Unterdrückung ablehne, bin ich Anarchistin.
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